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unterwegs

14.07.2006

Der Ausgangspunkt ist bekannt, davon gehen wir einmal aus, der Endpunkt möglicherweise als bekannt vorausgesetzt, was nicht heißt, dass es bei ihm bliebe, bei diesem projektierten Endpunkt, es könnte unterwegs etwas dazwischen kommen, etwas im Weg stehen, das einen dazu bringt, die Route abzuändern, und was das in Hinblick auf den nun mehr nur mehr voraussichtlichen Endpunkt zu bedeuten hat, ist möglicherweise gar nicht mehr abschätzbar; ja, wenn man nicht erwarten würde, dass es zu solch unvorhergesehenen Hindernissen kommt, die umfahren werden wollen, dann würde sich der Aufbruch eigentlich nicht lohnen, sofern man etwas sucht wie: das Ungewisse, Unbekannte, Unerwartete, nein, falsch, das gewiss erwartete Unbekannte, so könnte man das vielleicht nennen, und das suchen wir doch?

Wir brechen also auf, setzen den ersten Schritt, besteigen das Fahrrad oder nehmen zum Beispiel das Auto (wir sind Individualreisende), denn so ein Auto hat den unglaublichen Vorteil, dass wir unseren kleinen vertrauten Innenraum, unser großzügiges geräumiges Schaltpult oder auch unser fadenscheiniges altes Armaturenbrett, egal, es ist unseres, wir kennen es, wir haben seine technischen Details, Tücken und Annehmlichkeiten soweit im Griff, dass wir also diesen unseren Innenraum mit uns nehmen, wir betrachten die Welt sicher gerahmt, glasverstürzt, ob wir oder die Welt, wer sollte das sagen, wie soll man das entscheiden. So pfeifen wir also fröhlich vor uns hin, wie man halt pfeift morgens beim Duschen, sofern man pfeifen kann, oder auch im Wald im Dunklen, und denken uns, dass Unterwegssein etwa bedeuten könnte, dass man nicht weiß, wo man die nächste Nacht verbringt, denn wir, beispielsweise, wissen das nicht, wir haben nicht vorausgeplant, wir waren kühn und spontan. Und schließlich haben wir doch noch die Gewissheit, dass die Kreditkarte eine Übernachtungsmöglichkeit garantiert, so schlimm ist es also nicht; und für den Fall, dass alle Stricke reißen, könnte man auch das Zelt im Auto mitführen, den Schlafsack, sich im allerschlimmsten Fall sogar in dieser kleinen mobilen Fahrgastkabine ausstrecken, so dass sich mit ziemlicher Sicherheit eine Möglichkeit finden wird, in begrenztem Rahmen natürlich, aber immerhin, die Nacht warm und trocken zu verbringen, begrenzt, denn ehe das Zelt zu muffig wird und der Schlafsack klumpig, das Auto stickig und die Fußmatten übersäht mit Schmutz verschiedenster Provenienz wird man wieder zu Hause sein, es gibt ein Zuhause, das Unterwegssein ist nur ein vorübergehender Zustand, dessen Ende allein von uns abhängt und unserem Willen, wir sind nur bedingt unterwegs, Reisende, die Anfang und Ende, Ziel, Weite und Aktionsradius selbst bestimmen, wir sind keine durch welche Umstände auch immer In-die-Flucht-Geschlagenen, die flexibel und risikobereit ihre Zukunft in die eigene Hand genommen und sich auf die Reise in gelobtere Landstriche begeben haben, wo man allerdings wenig mit ihnen anzufangen weiß; wir haben diesen Zustand selbst gewählt, wir verlassen uns blind auf seine zeitliche Beschränkung und darauf, dass wir im Großen und Ganzen, so ganz prinzipiell, gern gesehen werden an den Orten, mit denen wir so ganz beiläufig in Berührung kommen, und dass die nächste Unterkunft nicht vom Wohlwollen irgendwelcher Grenzer, warlords, Einwanderungsbehörden abhängt; was wissen wir vom Unterwegssein, denken wir.

Wie auch immer, konzentrieren wir uns lieber auf das nächste Etappenziel: es könnte also, so weit waren wir, durchaus unseren Wünschen entsprechen, dass unterwegs etwas dazwischen kommt, man könnte sagen, das Unvorhergesehene ist eingeplant; andererseits ist zu bedenken, dass uns auch zuhause, in dem Zuhause, das man hat, davon sind wir schließlich ausgegangen, etwas Ungeplantes widerfahren könnte, das könnte dann die ganze schöne Theorie über den Haufen werfen, was dann?

Nichts weiter. Von sowas werden wir uns nicht beirren lassen, wo wir grad so schön in Fahrt sind. Wir erwarten also weiter ganz im Geheimen ein schönes kleines ungeplantes Ereignis, eine nette Überraschung, könnte man sagen, wenn nicht gar einen aufregenden Zwischenfall, der unsere Pläne ein wenig, na sagen wir, interessant modifiziert, wenn nun auch nicht die Rede davon sein kann, dass wir uns wünschten, notgedrungen zum Stillstand zu kommen, in einer Weise, die uns unangenehm aufstößt, dass also etwas unerfreuliches Unvorhergesehenes dazwischen kommt, wie etwa: ein junger Hirsch, der hüpft so seines Weges, und zack, hast dus nicht gesehen, kollidiert er schon mit dem rechten Kotflügel, zum Glück hat man es grade eben noch verhindern können zu verreißen, der Fahrer des entgegenkommende LKW ist noch einmal davongekommen, ob er den Vorfall wohl bemerkt hat? Ob er von seinem unverhofften Glück weiß? Und was jetzt? Man spielt kurz mit dem Gedanken, ein Wildbretabendbrot einzuplanen, aber ein Blick in den Rückspiegel zeigt eindeutig: das Vieh ist noch am Leben; also doch, notgedrungen: stehen bleiben, Meldung an die Behörden (Kasko!), der Jäger ist schon unterwegs, um dem armen vom Weg abgekommenen Vertreter der allerdings gezähmten Wildnis in die – was jetzt? ewigen Fluchtgründe? randlosen Weideflächen? – zu verhelfen, und in der Zwischenzeit hat man sich schon mit den aus dem Wohnzimmer gelockten Anrainern bekanntmachen können, die einem auch prompt einen Kaffee anbieten; so hat man dann die Gelegenheit festzustellen, dass auch ein unliebsamer Zwischenfall durchaus zu Annehmlichkeiten führen kann, mehr noch, zu einer zwar unplanmäßigen, doch äußerst zweckmäßigen und dem reibungslosen Ablauf des Verkehrsgeschehens durchaus förderlichen Rast, ganz entsprechend dem allerorts empfohlenen: Raste! Und eine solche Rast hatte man gar nicht eingeplant, mehr noch, in die friedvolle Umgebung eines fremden häuslichen Fernsehzimmers wäre man sonst gar nicht eingelassen worden, so haben wir zu guter Letzt noch die Gelegenheit, die örtliche Bevölkerung, die wir sonst wohl kaum eines Seitenblicks gewürdigt hätten, ein wenig besser kennenzulernen. An eine Fortsetzung der Fahrt allerdings – so teilt der herbeigerufene Experte mit – sei vorerst nicht zu denken, zumindest nicht mit diesem Fahrzeug, er lächelt, so viel Zeit muss sein, der Schaden größer, als auf den ersten Blick vermutet, die Hausbewohner, noch mit dem Kaffee in der Hand, zeigen erste Anzeichen von Nervosität und beginnen, unüberhörbar über Nächtigungsoptionen in der näheren Umgebung nachzudenken. Ob man denn niemanden habe, den man verständigen könne? Der einen abholen könnte? Oder eine einschlägige Mitgliedschaft, Versicherung vielleicht? Keine Sorge, sagen wir, keine Sorge, wir haben vorgesorgt, es kann gar nicht die Rede davon sein, dass wir bleiben wollen, dass wir uns gar einnisten wollten, das wäre doch nicht unsere Art.

Wir müssen jetzt auch weiter, stehen bleiben ist ja wohl das Letzte, das Letzte im eigentlichen Sinn, auch wenn man sich dazu meist hinlegt, wenn erst einmal das Herz stehen bleibt, der Strom der roten Blutkörperchen zum Erliegen kommt, der ganze interne Kreislauf zusammenbricht.

Das Stehenbleiben entspricht nicht so dem, was wir uns vom Leben erwarten; oder ist das umgekehrt, ist es nicht vielmehr so, dass das Leben von uns alles andere als das Stehenbleiben erwartet, so dass ein Stehenbleiben als Verzichtserklärung einer Teilnahme unsererseits am allgemeinen Vorwärtskommen angesehen wird, ja fast schon als Provokation, die stehenden Fußes durch Nichtbeachtung geahndet wird, als würden solch Stehenbleibende unsichtbar, eine Art relativistischer Verkürzung der Körper setzte ein, die dazu führte, dass man die nunmehr in Ruhe befindlichen, nicht mehr beschleunigenden Körper der Stehengebliebenen nicht mehr sehen könnte, nur eben nicht aufgrund ihrer unerträglich und beinah maßlos hohen Geschwindigkeit, sondern, ganz im Gegenteil, durch das Aussetzen jeder Fortbewegungstätigkeit. Daraus folgt, denken wir, dass man also diesen Stillstand durchaus unterwegs einbauen könnte – aber nicht jetzt, kein Grund zur Beunruhigung, beruhigen wir, jetzt hätten wir ohnehin nicht die Zeit, ein andermal vielleicht –, so ein kleiner Stillstand könnte den nichtalltäglichen Charakter dieser ganzen Unternehmung des Unterwegsseins vielleicht ausbauen. Doch dazu später.

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